Einige Zeitungen schreiben, dass nun endlich die Eckpunkte des Bleiberechts klar seien. Gleich vorweg: Neuigkeiten gibt es kaum, ein paar Aspekte sind nun aber klarer. Richtig zu eskalieren scheint aber der Streit zwischen den Unions-Politikern, die eine Entscheidung zum Bleiberecht wollen und Arbeitsminister Müntefering. Auf der einen Seite greifen zwei Innenminister an: Niedersachens Innenminister Schünemann sagte:
Wir müssen Druck machen auf Müntefering, dass er da seine völlig abstruse Haltung aufgibt. Es macht überhaupt keinen Sinn, dass man sagt, wir sollen erst ein Aufenthaltsrecht geben, dann gibt es erst einen Arbeitsplatz.
Und Hessens Innenminister Bouffier ergänzte:
Ich halte die Blockade von Müntefering für falsch und verantwortungslos
Müntefering fordert jedoch mittlerweile, dass erst ein Aufenthaltstitel zu vergeben sei, und nicht nur eine “Duldung de luxe”, dann folge ein Arbeitsrecht automatisch.
Münteferings Sprecher Stefan Giffeler erklärte insoweit am Samstag in Berlin: “Minister Franz Müntefering tritt dafür ein, geduldeten Asylbewerbern, die lange Zeit in Deutschland leben, eine Aufenthaltsgenehmigung und dann auch eine gleichrangige Arbeitserlaubnis zu geben.” Müntefering sei gespannt, ob auch der hessische Innenminister dafür eintrete.
Damit hat er allerdings recht. Die Vorschläge von Schäuble, die laut “Welt” mittlerweile aus dem Ministerium bekannt geworden sind, hören sich aber etwas anders an. So wie wir diesen Artikel lesen, stellt sich Schäuble vor, dass der Arbeitsmarktzugang erleichtert werden soll (Stichwort: “Duldung de luxe”). Wenn dann die Bedingungen erfüllt sind, kann ein befristetes Bleiberecht beantragt werden.
Nach den Vorstellungen des Bundesinnenministeriums können die Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis innerhalb von sechs Monaten ab dem Beschluss der IMK gestellt werden. Die Aufenthaltserlaubnis soll zunächst auf maximal zwei Jahre befristet werden, anschließend können sie die Behörden verlängern.
Die Bedingungen sind immer noch die selben: Alleinstehende, die seit acht Jahren ununterbrochen in Deutschland gelebt haben und Familien mit mindestens einem Kind, das den Kindergarten oder die Schule besucht (soll mit Zeugnissen nachgewiesen werden müssen) und die seit sechs Jahren hier gelebt haben, sollen ein Bleiberecht erhalten können. Die Betroffenen müssen in einem “dauerhaften Beschäftigungsverhältnis” stehen und den “Lebensunterhalt der Familie” sichern können. Bis zum 30. September 2007 müssen ausreichende Deutschkenntnisse vorliegen.
Ausnahmen von diesen Regelungen soll es auch geben: Bei Auszubildenden in anerkannten Lehrberufen, bei Pflegebedürftigen, bei Alleinerziehenden mit Kindern, die vorübergehend auf Sozialleistungen angewiesen sind und denen eine Arbeitsaufnahme nicht zumutbar ist sowie bei Menschen, die nach dem Beschluss der neuen Regelung das 65. Lebensjahr vollendet und in ihrem Herkunftsland keine Familie haben, dafür aber in Deutschland Angehörige wie Kinder oder Enkel mit dauerhaftem Aufenthalt oder deutschem Pass.
Sichergestellt sein soll dann aber, dass sie keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen.
Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge werden also immer noch nicht besonders berücksichtigt. Ausgeschlossen werden sollen Menschen, die Ausländerbehörden vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht haben (Identität) oder behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung hinauszögert oder behindert haben (Mitwirkungspflicht). Ferner zählen dazu Verurteilungen wegen vorsätzlich begangener Straftaten sowie Bezüge zu Extremismus und Terrorismus. Ob immer noch alle Iraker pauschal ausgeschlossen werden sollen, ist nicht klar, aber zu befürchten.
Und für alle anderen kommt es noch schlimmer:
“Der Aufenthalt von Ausländern, die nach dieser Regelung keine Aufenthaltserlaubnis erhalten können, muss konsequent beendet werden”, heißt es in dem Papier. Die Rückführung von ausreisepflichtigen Ausländern soll durch geeignete Maßnahmen verbessert werden, und “praktische Hindernisse der Abschiebung insbesondere von Straftätern” sollen “soweit möglich beseitigt werden”. Nicht integrierten Ausreisepflichtigen dürften “keinerlei Anreize für den weiteren Verbleib in Deutschland aus der Nutzung der Leistungssysteme gegeben werden”, heißt es in dem Vier-Seiten-Papier.
In einem Artikel von n24 kommt noch eine Kritik von links zu Wort:
Die innenpolitische Sprecherin der Links-Fraktion, Ulla Jelpke, kritisierte, der Vorschlag Schäubles verdiene nicht den Namen Bleiberechtsregelung. Schäuble führe die restriktivsten Forderungen seiner Länderkollegen zusammen. Der großen Mehrheit der Geduldeten werde weiterhin jede Chance auf ein Bleiberecht verweigert, für viele werde sich die Situation gar noch verschlechtern. Damit bleibe das Problem der Kettenduldungen fortbestehen.
Dem kann mensch sich nur anschließen. Selbst an den Worten, die Schäuble im Sommer von sich gab, ist das ein riesiger Rückschritt. Wenn jetzt nicht “Beton-Münte” den gesamten Kompromiss zum Platzen bringt, wird nächstes Jahr das Jahr der verzweifelten Arbeitsplatzsuche und der Abschiebungen. Wir machen auf jeden Fall weiter. Ein richtiges Bleiberecht muß her.