Auf der Abendgala am Mittwoch verliehen J.O.G. den Preis “Abschiebeminister 2006”. Die verschiedenen Delegationen von J.O.G. erläuerten, warum sie ihren jeweiligen Innenminister für den Preis nominierten. Das Fernsehen war live dabei und berichtete in den tagesthemen. Der Jury viel es sehr schwer, da einen Innenminster zu wählen und entschied sich am Schluss, der gesamten Innenministerkonferenz den Preis zu verleihen, immerhin hatten sie es gemeinschaftlich versäumt, bisher ein Bleiberecht zu verabschieden. Aus der Begründung der Jury:
Die Innenminister sind seit Jahren nicht in der Lage, für die drängenden Probleme, der sogenannten Geduldeten Flüchtlinge eine Lösung im Sinne der Kinder- und Menschenrechte zu finden. Stattdessen sind Abschiebungen und staatliche Repression, von Residenzpflicht bis hin zu Ausbildung- und Arbeitsverbot von Flüchtlingen an der Tagesordnung. Durch ihre Politik haben sie versucht in unserem Lande Menschen zweiter Klasse zu schaffen, für die nicht dieselbe Rechte gelten sollen. Die Innenminister sind dafür verantwortlich, dass Familien auseinander gerissen werden und Kinder und Jugendliche in Länder deportiert werden zu denen sie keinen persönlichen Bezug haben. Sie nehmen bewusste die Gefährdung und den Tod von Menschen in Kauf um ihre Politik durchzusetzen. Auch wenn einzelne Innenminister sich immer wieder für ein Bleiberecht stark gemacht haben und teilweise einen Abschiebestopp in ihren Bundesländern verhängt haben, hätten sich auch diese wesentlich deutlicher für die Belange der vor Krieg und Verfolgung berechtigt geflohenen Menschen einsetzen müssen. Insgesamt müssen wir leider feststellen, dass diese Politik nicht nur dem Ansehen der Bundesrepublik in der Welt schadet, sonder ist auch dafür verantworlich, dass junge Menschen den Glauben an die Demokratie verlieren. Es ist eine Politik der langsamen Bürokratie die ja auch auf dieser Innenministerkonferenz wieder verlängert werden soll, anstatt endlich zu einem dauerhaften umfassenden Bleiberecht zu kommen.
Der Publikumspreis ging an den Favoriten und Lokalmatadoren Dr. Günther Beckstein, seines Zeichens Hardliner und bayerischer Innenminister. Leider konnten wir den Preis nicht an ihn verleihen. Er hat es allerdings mitgekriegt und darauf reagiert. In einer Pressemitteilung des Innenministeriums sagt Beckstein:
Diese Aktion des Flüchtlingsrates ist für mich eine Auszeichnung durch den politischen Gegner für eine konsequente Anwendung des Rechts.
Auch noch stolz ist er darauf! Nun gut, mittlerweile wird ihm wohl auch gedämmert sein, dass er da gezuckt hat wo er nicht hätte zucken sollen. Seine Reaktion offenbart, wie sehr bei Günther Beckstein die Nerven blank liegen. Ob schon Köpfe im PR-Stab gerollt sind? Herbert Fuehr kommentierte in den Nürnberger Nachrichten Becksteins Sieg bei der Wahl auf jeden Fall so:
Wie immer die Bleiberechtsregelung aussehen wird, eines sollte nicht geschehen: dass schnell noch Ausländer abgeschoben werden, die später in ihren Genuss kommen könnten. Aber auch das ist gar nicht so sicher bei einem Politiker, der sich durch die Wahl zum “Abschiebeminister 2006” geehrt fühlt.
Unerwarteterweise kam Dr. Körting, Berlins Innensenator, tatsächlich zu der Preisverleihung. Er tauchte genau in dem Augenblick auf, als die Laudatio auf ihn gehalten wurde. Er sagte, er wolle nicht feige sein und stelle sich der Wahl. Leider versuchte er dann angesichts von Betroffenen zu argumentieren, warum nicht alle von ihnen bleiben dürfen, kriegte dann aber Contra. Insbesondere wurde er mit der Forderung nach einem Abschiebestopp konfrontiert. Nach der Verlesung der Juryentscheidung verliess er die Gala, ohne sich die Begründung ganz anzuhören. Ganz so souverän war er dann eben doch nicht. Hier noch ein Artikel der taz, der da wesentlich staatstragender ist.
Am nächsten Tag nahm dann ein Vertreter der Innenministeriums Bayern den Jurypreis entgegen.
Alles in allem eine sehr gelungene Aktion, die uns viel Öffentlichkeit und einen PR-Ausrutscher von Beckstein gebracht hat.