“Die … von der Ausländerbehörde kann mich nicht leiden”
Solche und ähnliche Aussagen bekamen wir insbesondere von Menschen mit Duldung häufig zu hören. Die Schikanen oder verweigerten Privilegien, die ihnen gegenüber verordnet werden, können die Betroffenen oft nur als Folge persönlicher Abneigung interpretieren. Tatsächlich sind die Spielräume der Ausländerbehörde enorm: Sie können Arbeitserlaubnisse erlassen oder verweigern, die Bewegungsfreiheit bis auf eine Ortschaft einschränken, die Wohnsitznahme auf einzelne Postleitzahlenbereiche begrenzen, eine Unterkunft zuweisen, die finanzielle bzw. Lebensmittelversorgung einschränken und Menschen die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach der Bleiberechtsregelung verwehren oder – sofern sie bei allen Einschränkungen einen Anspruch darauf haben – massiv erschweren, z.B. indem sie ihre Mitwirkung in Zweifel stellen oder immer neue Nachweise anfordern. Uns wurden auch Fälle berichtet und Nachweise erbracht, dass SachbearbeiterInnen persönlich Strafanzeige wegen illegaler Beschäftigung, verletzung der Passpflicht und Scheinehe gestellt haben. Wenn solche Schikanen von den Betroffenen aufgrund von Erfahrungen in ihrem Bekanntenkreis subjektiv als Ausnahmen empfunden werden verschlimmert dies eher noch das Gefühl der persönlichen Ohnmacht.
Dieses Gefühl der Ohnmacht hat offensichtlich auch einige RechtsanwältInnen ergriffen. So sagte eine RAin uns gegenüber: “Auf das Ausländerrecht habe ich so einen Hals, da traue ich mich mittlerweile gar nicht ran. Da können die Behörden machen, was sie wollen!” Eine andere empfahl uns, nicht mit anwaltlicher Vertretung gegen den Entzug der Arbeitserlaubnis vorzugehen:
“Einen Anwalt braucht man, wenn man einen Anspruch hat aber Geduldete haben keine Ansprüche, jedenfalls nicht auf Arbeitserlaubnis oder Bewegungsfreiheit. Wenn Sie da mit Anwalt kommen, dann werden die Behörden schlimmstenfalls noch hartnäckiger”
Im Betreffenden Fall hatte die Behörde Informationen zuvor direkt an den Arbeitgeber weitergegeben.
“Damit würde ich nicht kommen, man darf auf die Behörden keinen Druck ausüben, sonst haben die [den Betreffenden] ewig auf dem Kicker und in drei Monaten ist er seine Arbeitserlaubnis wieder los, am Ende muss er wieder im Heim wohnen”.
Eine Dienstaufsichtsbeschwerde sei bekanntermassen “ein 3-los-Vorgang: sinnlos-nutzlos-zwecklos”.
Diese hoffnungslose Ansicht können wir aufgrund unserer eigenen Erfahrungen nicht ganz teilen. Insbesondere waren einige Rechtsanwälte im Stande, Verbesserungen auch hinsichtlich von MandantInnen mit Duldung durchzusetzen. Dies war eher möglich, wenn die RechtsanwältInnen am gleichen Ort tätig waren und die betreffenden Beamten bereits persönlich kannten. Ein solcher Einsatz ist freilich auf Seiten des Anwalts von gewissen Erwägungen abhängig und auch evtl. mit höheren Kosten verbunden
Die Zuordnung zu den jeweiligen SachbearbeiterInnen erfolgt alfabetisch. Wir waren zweimal dabei, als Menschen mit Duldung den Abteilungsleiter baten, anderen SachbearbeiterInnen zugeordnet zu werden, was dieser jeweils ablehnte. Die Betreffenden Sachbearbeiter erfuhren dies freilich, zumindest in einem Fall hat sich die Behandlung nach der Vorsprache allerdings dennoch verbessert.