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Kontakt zu Illegalisierten

Die folgende Hilfestellung stammt von Jörg Alt vom katholischen Forum “Leben in der Illegalität”
[Originalquelle]

“WIE KOMME ICH AN ‘ILLEGALE’?”

Immer wieder werde ich gefragt, wie man an ‘Illegale’ herankommt. Leider ist es mir kapazitätsmäßig immer weniger möglich, persönlich auf solche Anfragen zu reagieren. Auf der anderen Seite ist dies aber auch nicht nötig, da es wirklich genügend ‘Illegale’ und genügend Kontaktpersonen in ganz Deutschland gibt. ‘Illegale’ sind über all dort, wo ‘Legale’ sind, d.h. Ausländer ohne Aufenthaltsstatus leben mit bzw. unterhalb der ‘legalen’ Ausländerpopulation. An ‘Illegale’ kommt man also grundsätzlich gut heran, wenn man das Vertrauen von Personen bekommt, die persönlich oder in einschlägigen Organisationen mit ‘legalen’ Ausländern zu tun haben, z.B. in Ausländer- und Kulturvereinen, EineWelt-Häuser, Kirchen, Beratungsstellen, Gewerkschaften…. Deshalb folgen nun 10 Tipps zum Feldeinstieg und einen für Dreharbeiten:

1.Überlegen, wen man im Bereich der ‘legalen’ Ausländerarbeit bereits kennt. Dort Informationen sammeln für das interessierende Umfeld (entweder lokal zu einer bestimmten Kommune, oder gruppenspezifisch zu Frauen, Flüchtlingen, Minderjährigen…). Das hilft für die weitere, gezieltere bzw. eingrenzendere Planung.

2.Wer niemanden kennt: Einstieg über die Ausländerbeauftragten einer Kommune (die haben zumeist umfangreiches Adressmaterial über NGOs zusammengestellt) oder Migrantenberatungsstellen der Freien Träger (Wohlfahrtsverbände).

3.Wenn diese ersten Gesprächspartner selbst noch keine direkten Kontakte haben, Empfehlungen zu Stellen und Personen mit Ausländerkontakten geben lassen, zu der seitens dieser Person/Organisation Verbindungen bestehen.

4.Beim Vorstellen von Projekt und Anliegen in der Argumentation besonders herausarbeiten, welchen Nutzen eine Kooperation in diesem Projekt für die ‘Illegalen’ und deren Unterstützerszene herausspringt. Und wenn es nur das Anbieten einer ‘Spende’ im Fall von Kooperation ist, sowohl für einen ‘Illegalen’, als auch für die vermittelnde Stelle.
(Achtung! Damit riskiert man aber auch, dass nur wegen des Geldes kooperiert wird, d.h. es ist keine Kooperation, weil man von der Sinnhaftigkeit des Projekts überzeugt wäre. Dadurch riskiert man aber auch Gefälligkeitsstories (“Na, der will was Herzzerreißendes hören – soll er haben”). Wichtiger ist, Gesprächspartner dazu zu bringen, das Anliegen und die Sinnhaftigkeit einer Kooperation überzeugungsmäßig beizubringen. Freilich, das erfordert viel Zeit und Vertrauensaufbau, den die meisten Forscher, Journalisten, Publizisten… nicht haben.)

5.Keinen Gesprächspartner unter Druck setzen, indem z.B. definitive Antworten, Zeitpläne oder sonstige Festlegungen noch beim aktuellen Treffen verlangt werden. Zeit zum Nachdenken geben!

6.Materialien in die Hand drücken, die Gesprächspartner nach dem Treffens nochmals in aller Ruhe eine Beschäftigung mit dem Anliegen ermöglichen, z.B. Konzept der Forschungsarbeit, des Medienprojekts, der Organisation, für die man arbeitet…

7.Persönlich eine Kontaktadresse hinterlassen, nicht die von Sekretärin oder Mitarbeiter! Vertrauen hat ein Gesicht!

8.Jeden Gesprächspartner fragen, ob er allgemeine Informationen für einen hat (Tipps zu Orten, Verhaltensmaßnahmen, Personengruppen, Individuen…). Diese Informationen nie unterschätzen! Oft sprechen Leute über ganz konkretes Wissen, tarnen es aber aus Gründen des Selbstschutzes in “Man”-Formulierungen!

9.Nach gewisser Zeit nachfragen, ob noch Informationen o.ä. für eine Entscheidungsfindung benötigt werden.

10.Erst wenn nicht mehr gewartet werden kann endgültige Antwort bzw. Festlegung erbitten.

11.Um bei Filmaufnahmen die Nervosität der Gesprächspartner zu mildern hilft, ihnen auf einem kleinen Monitor die Anonymisierungsmöglichkeiten zeigen und erklären.